Arbeitsgerichte: Wie funktionieren sie in Deutschland

Wie funktionieren Arbeitsgerichte eigentlich in Deutschland? Wenn der Fall der Fälle eintritt und ein Streit ausbricht, der nur durch ein Gericht geklärt werden kann, sollte der folgende Beitrag über die Zuständigkeiten der Arbeitsgerichtsbarkeit aufklären.

Grundsätzlich ist es besser, sich nicht zu streiten. Es ist auch immer besser, im Vorfeld eine akzeptable Lösung für beide Parteien herbeizuführen. Im Leben läuft jedoch nicht immer alles nach Plan. Gehälter werden manchmal nicht richtig bezahlt, Kündigungsfristen bleiben unberücksichtigt und bei der Zeugniserstellung nimmt es der ein oder andere Arbeitgeber auch nicht so genau.

In diesem Moment entwickelt sich Streitpotenzial und der Weg zum Arbeitsgericht ist unabdingbar.

Geschichte der Arbeitsgerichtsbarkeit

Die Wurzeln der Arbeitsgerichtsbarkeit, sind in Frankreich zu suchen. Unter Napoleon wurden die arbeitsrechtlichen Streitigkeiten besonderen Spruchkollegen zur Entscheidung übertragen. Diese Vorgehensweise wurde im 18. Jahrhundert in den Grenzgebieten von Frankreich und Deutschland teilweise übernommen. Es herrschte jedoch keine einheitliche Handhabung innerhalb von Deutschland.

Erst das Arbeitsgerichtsgesetz vom 23.12.1926 führte zur Errichtung einer einheitlichen und umfassenden Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland. Mit dem Reichsarbeitsgericht wurde eine Revisionsinstanz für Arbeitsangelegenheiten geschaffen.

Arbeitsgerichte – die Struktur heute

Die Arbeitsgerichte (AG) und Landesarbeitsgerichte (LAG) sind den einzelnen Bundesländern zugeordnet und werden von der Landesjustizverwaltung mit der obersten Arbeitsbehörde des jeweiligen Bundeslandes beaufsichtigt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG und letzte Instanz) ist die oberste Instanz in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten in Deutschland und untersteht dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (aktueller Minister – Hubertus Heil). Das BAG ist in seiner Handlung und Entscheidung jedoch unabhängig.

Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit

Die Arbeitsgerichtbarkeit ist für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zuständig, jedoch nicht für Schlichtungsstreitigkeiten.

Die Gerichte entscheiden in Arbeitssachen in allen Instanzen durch kollegiale Spruchkörper, die durch Berufsrichter und ehrenamtliche Beisitzer (aus dem Kreis Arbeitnehmer und Arbeitgeber) vertreten werden.

Prozess_Arbeitsgerichtsbarkeit

Wie in der Darstellung zu sehen ist, verändert sich die Entscheidungsbefugnis in den einzelnen Instanzen.

Das Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht werden jeweils durch einen Berufsrichter und jeweils zwei ehrenamtliche Richter (aus dem Kreis Arbeitnehmer und Arbeitgeber) vertreten.

Das Bundesarbeitsgericht wird durch einen Vorsitzenden Richter und 2 weiteren Berufsrichtern sowie zwei ehrenamtlichen Richtern (aus dem Kreis Arbeitnehmer und Arbeitgeber) vertreten.

Im vorrangehenden Teil habe ich den formalen Ablauf zum besseren Verständnis abgebildet, damit klar ist, welche Instanz wann greift.

Arbeitsgerichte – wie läuft das Klageverfahren ab?

Die Arbeitsgerichte in erster Instanz sind für sämtliche Arbeitsrechtsstreitigkeiten zuständig, ohne Rücksicht auf den Streitwert. Die Klage kann mündlich sowie auch schriftlich eingereicht werden, sinnvoller ist natürlich eine schriftliche Klageeinreichung. Damit jedoch Menschen mit Beeinträchtigungen nicht benachteiligt werden, ist der mündliche Vortrag auch zulässig.

Wurde beim Arbeitsgericht keine Einigung erzielt, ist das Landesarbeitsgericht die nächste Instanz. Das Landesarbeitsgericht entscheidet über Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte. Wird die Berufung oder Beschwerde beim LAG zugelassen, muss die Vorinstanz (Arbeitsgericht) dem zustimmen oder der Streitwert muss über € 600 liegen (vgl. § 64. ArbGG). Das LAG ist somit die letzte Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht.

Das BAG als letzte Instanz entscheidet nur über Revisionen (Überprüfung eines Urteils oder Änderung eines Gesetzes), Rechtsbeschwerden sowie Nichtzulassungsbeschwerden.

Arten von Rechtstreitigkeiten

Für welche Rechtstreitigkeiten sind Arbeitsgerichte grundsätzlich zuständig?

  • Streitigkeiten bzw. Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bzw. Arbeitsvertrag
  • Streitigkeiten bzw. Auseinandersetzungen zwischen Auszubildenden und Ausbildenden im Zusammenhang mit dem Ausbildungsverhältnis bzw. Auszubildendenvertrag.
  • Streitigkeiten bzw. Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Betriebsrat im Zusammenhang mit der Betriebsvereinbarung.
  • Streitigkeiten bzw. Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaft im Zusammenhang mit dem Tarifvertrag.

Kosten und Prozessvertretung

Ein nicht ganz unwichtiger Punkt sind die Kosten, welche oft von langwierigen Verfahren abschrecken.

In erster Instanz, also dem Arbeitsgericht, tragen beide Parteien ihre eigenen Kosten selbst und das ist unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, wer obsiegt hat. Bei einem Vergleich fallen keine Gerichtskosten an.

Eine weitere Besonderheit ist, dass beide Parteien sich vor Gericht selbst vertreten können (jeder ist postulationsfähig). Es besteht keine Anwaltspflicht (vgl. § 11ArbGG). Jeder Richter muss in der Lage sein, den Beteiligten das Verfahren so verständlich zu erklären, dass eine Einigung erzielt wird.

Abhängig von der Komplexität des Streites ist jedoch ein Anwalt oder sonstiger Bevollmächtigter empfehlenswert. In diesem Fall entstehen Anwaltskosten.

In der ersten Instanz ist man nach Möglichkeit bestrebt, den Streit abzuwenden und einen akzeptablen Vergleich herbeizuführen.

In zweiter Instanz, also dem Landesarbeitsgericht, müssen sich die Parteien von einem Verbandsvertreter oder einem Anwalt vertreten lassen.

In letzter Instanz, also dem Bundesarbeitsgericht, besteht Anwaltspflicht.

In der zweiten und dritten Instanz sind im Falle eines Vergleichs die Kosten entweder gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Gerichtskosten werden geteilt (vgl. § 92 ZPO). Obsiegt eine Partei muss die unterliegende Partei die Gesamtkosten tragen (vgl. §§ 91, 97 ZPO).

Quelle

Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).

Diesen Artikel hat geschrieben:

Sibylle Frankenheim

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