Zeitarbeit: Zahlen und Fakten

Die Zeitarbeit, oder wie es im Gesetz heißt, Arbeitnehmerüberlassung, ist auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine fest verankerte Form für Beschäftigung von Arbeitnehmern.

Obwohl in Deutschland ca. 11.000 Firmen die Arbeitnehmerüberlassung betreiben, ist der Ruf nach allgemeinem Verständnis nicht immer so gut. Woran liegt das? Vermutlich gibt es vereinzelt schwarze Schafe, die sich nicht an gesetzliche Vorschriften halten oder sie umgehen und somit der gesamten Branche schaden.

Ich erinnere hier an den Skandal in der Fleischindustrie im Sommer 2020. Da ist die Zeitarbeit fälschlicherweise in Verruf geraten, obwohl es nicht die klassische Arbeitnehmerüberlassung betraf. In dem erwähnten Fleischskandal wurden Werksverträge eingesetzt und die Menschen haben sich aus Angst nicht gewehrt.

Denn gerade die Zeitarbeit ist im AÜ-Gesetz so stark reguliert, dass es nur sehr wenig Spielraum für eine Verleihfirma gibt, wenn sie in guter Absicht handelt.

Was bedeutet eigentlich gewerbsmäßige Zeitarbeit

Von Zeitarbeit oder Arbeitnehmerüberlassung wird in den Fällen gesprochen, sofern ein Unternehmen (Verleiher) einem anderen Unternehmen (Entleiher) einen Mitarbeiter (Zeitarbeiter) zur Erbringung einer Arbeitsleitung überlässt. Von Gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung spricht man, wenn dahinter eine Gewinnabsicht steckt. In diesem Fall benötigt der Verleiher (Zeitarbeitsunternehmen) eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung.

 

Für die Arbeitnehmerüberlassung werden somit 3 Parteien benötigt:
  1. Mitarbeiter (Zeitarbeiter oder Leiharbeitnehmer)
  2. Kunde (Entleiher oder Kundenunternehmen)
  3. Verleiher (Zeitarbeitsunternehmen)
Zeitarbeit - Rechtsbeziehung

Wozu wird Zeitarbeit überhaupt genutzt

Für die deutsche Wirtschaft ist die Zeitarbeit ein flexibles Arbeitsinstrument, um schnell auf Auftragsschwankungen, volatile Märkte und Konjunkturzyklen zu reagieren. Kommt zum Beispiel nach einer Krise der Aufschwung, möchten die Kundenunternehmen natürlich nicht lange warten und schnell vom Konjunkturaufschwung profitieren.

Das Zeitarbeitsunternehmen kann dann zeitnah und unkompliziert Personal liefern. Durch die Flexibilität der Zeitarbeit können sich diese Unternehmen erfolgreich behaupten und sich schnell an die wachsenden Märkte anpassen. Das ist wichtig, um sich auch auf dem internationalen Parkett zu behaupten.

Daten und Fakten in der Zeitarbeit in Deutschland

  • Die aktuelle Anzahl der Zeitarbeitnehmer in Deutschland bewegt sich bei: 752.760 (Stand 06/2023); das sind ca. 2,0 % aller Arbeitnehmer.
  • Anteil der sozialversicherungspflichtigen Zeitarbeitsnehmer in Deutschland: Ca. 95,0 %; im Gesamtarbeitsmarkt sind es rund 89,0 %.
  • Etwa 49.800 Unternehmen bieten Zeitarbeit an, davon sind rund 11.000 als reine Zeitarbeitsunternehmen im deutschen Markt aktiv.
5 Argumente für Zeitarbeit

5 gute Argumente für Zeitarbeit

Optimierung Personalbedarf – Jeder Betrieb ist bestrebt die Personaldecke dem jeweiligen Auftragsvolumen anzupassen, daher kann Zeitpersonal eine sinnvolle Ergänzung sein.

Personalausfall – Durch Krankheit, Urlaub oder Mutterschutz kann Personal kurz- oder langfristig ausfallen. Damit kein Engpass entsteht, wird mit Zeitpersonal der Ausfall aufgefangen und die Produktion oder Dienstleistung läuft weiter. 

Auftragsspitzen – Reicht das eigene Personal bei z. B. saisonalen Auftragsspitzen /Sonderaufgaben nicht aus, ist Zeitpersonal eine gute Alternative. 

Keine Planstellen – Häufig haben Unternehmen nicht genügend Planstellen kalkuliert oder genehmigt bekommen, dann ist die externe Personalreserve sehr hilfreich, um den Personalbedarf abzufedern.

Neubesetzung – Der Klassiker: Das Unternehmen möchte den neuen Mitarbeiter zunächst über die Zeitarbeit testen und später fest einstellen.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist umfassend reguliert

  • Die rechtliche Grundlage für die Zeitarbeit bildet in Deutschland das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) aus dem Jahr 1972.
  • Die Branche wird ständig durch die Bundesagentur für Arbeit sowie die Zollverwaltungen kontrolliert.
  • Darüber hinaus verpflichten sich Branchenverbände und folglich auch ihre Mitglieder zu Verhaltensrichtlinien und ethisch korrektem Handeln.
  • Mitglieder eines Branchenverbandes haben einem Tarifvertrag zugestimmt, wonach die Gehälter und sonstigen Rahmenbedingungen für das Arbeitsverhältnis geregelt sind.
Zeitarbeit bietet nachhaltig Beschäftigungsperspektiven

Der Zeitarbeitnehmer hat mit dem Zeitarbeitsunternehmen ein reguläres Arbeitsverhältnis und damit unterliegt er vollem Arbeitnehmerschutz wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsanspruch und Kündigungsschutz etc.

Der einzige Unterschied zu anderen Arbeitsverhältnissen ist der Wechsel von Arbeitsorten, Einsatzbetrieben und einer Befristung auf einen einzelnen Betrieb. Der Arbeitnehmer darf maximal (April 2017 erfolgte eine gesetzliche Änderung) 18 Monate am Stück in einem Unternehmen arbeiten.

Einstieg durch Zeitarbeit eine gute Alternative
  • Bei den gering Qualifizierten kommen etwa zwei Drittel der Zeitarbeitnehmer aus der Arbeitslosigkeit oder haben vorher noch nie einen Beruf ausgeübt.
  • 13,8 % aller Arbeitsaufnahmen waren zuvor Langzeitarbeitslose.
  • Durch die Arbeitnehmerüberlassung erhalten Berufsanfänger die Chance, praktische Berufserfahrungen zu sammeln, sich auf dem Markt umzusehen und sie können einen potenziellen Arbeitgeber von den eigenen Qualifikationen überzeugen.
Mindestlohn im Vergleich
Sozial abgesichert
  • Zeitarbeit ist rechtlich jeder anderen regulären Beschäftigungsform in Deutschland gleichgestellt.
  • Rund 95 % der Zeitarbeitnehmer sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
  • Die Zeitarbeit unterliegt vollständig dem allgemeinen deutschen Arbeitsrecht: Dazu gehören Leistungen wie ein in der Regel unbefristeter Arbeitsvertrag mit Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflege- und Unfallversicherung, bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und gesetzlicher Kündigungsschutz etc.
  • Die Lohnuntergrenze ist gesetzlich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt und gilt nach der Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch das Bundesarbeitsministerium für alle Zeitarbeitnehmer, die in Deutschland eingesetzt werden.
  • Zeitarbeit bietet reguläre Beschäftigung mit einer fairen Bezahlung, die durch die Arbeitgeberverbände und die zuständigen DGB-Gewerkschaften ausgehandelt wurden. Die von den Tarifpartnern vereinbarte gesetzliche Lohnuntergrenze beträgt aktuell € 12,43 für West und Ost. Eine neue Anpassung erfolgt im April 2023 und gilt bundesweit einheitlich, für alle Mitglieder vom GVP Verband.
  • Der Leiharbeitnehmer erhält auch für die Zeit während eines Nichteinsatzes Entgeltfortzahlung, d. h. hat das Zeitarbeitsunternehmen keinen Auftrag, bekommt der Mitarbeiter trotzdem sein Gehalt.

Equal Pay

  • Mit Equal Pay wurden wesentliche Lohndifferenzen zwischen Leiharbeit und Einsatzbranchen geschlossen.
  • Zeitarbeitnehmer erhalten automatisch nach einer Einarbeitungszeit gestaffelte Zuschläge auf ihr Entgelt, wenn sie für einen bestimmten Zeitraum ununterbrochen bei einem Kundenunternehmen tätig sind. Nach neun Monaten ist eine nahezu gleiche Bezahlung von Zeitarbeitnehmern und Stammbelegschaft erreicht.

Entstehung und Entwicklung der Zeitarbeit

Wie so viele andere Dienstleistungen, kommt auch die Idee der Arbeitnehmerüberlassung aus der USA. Die Firma „Manpower“ wurde 1947 in Milwaukee gegründet und war über viele Jahrzehnte das größte Unternehmen der Welt.

Danach entwickelte sich die „temporary work“ in englischsprachigen Ländern recht schnell.

1957 wurde in Europa das erste offizielle Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung in der Schweiz gegründet. Die Firma Aida Interim heißt heute Adecco und zählt, neben Randstad, zu den größten Unternehmen weltweit.

Die Grundsteine in der Zeitarbeit in Deutschland hat 1962 auch Aida Interim gelegt, daraus ist 1972 dann das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz entstanden. Dieses Gesetz ist bis zum heutigen Tage gültig.

Diesen Artikel hat geschrieben:

Sibylle Frankenheim

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